Ein Instrument des Regimes

dekanin_lubomierski_ueberreicht_referent_dr._wenrich_slenczka_ein_praesent
Bildrechte DB Landshut

Er hat den heutigen Patriarchen von Moskau und Vorsteher der Russisch-Orthodoxen Kirche in den 90er Jahren persönlich kennengelernt. Am Montag charakterisierte der Dekan von Würzburg, Dr. Wenrich Slenczka in einem Vortrag im Gemeindehaus der Erlöserkirche Patriarch Kyrill und die Russisch-Orthodoxe Kirche als ein Instrument Putins. Anlass war der Neujahrsempfang des Freundeskreises der Evangelischen Akademie Tutzing in Landshut. Vor über 50 Besuchern berichtete der Referent aber auch von einem Hoffnungsfunken in der Russisch-Orthodoxen Kirche.

Es war zu Beginn der 90er Jahre, als Dr. Slenczka in der Geistlichen Akademie in St. Petersburg tätig war. 80 Prozent der Studenten waren damals Ukrainer. Wenige Jahre später, als er als theologischer Referent der lutherischen Kirche auch für ökumenische Beziehungen zuständig war, begegnete Dr. Slenczka dem heutigen Vorsteher der Russisch-Orthodoxen Kirche persönlich. Kyrill war damals Metropolit von Smolensk und Leiter der Abteilung für die kirchlichen Außenbeziehungen der Russisch-Orthodoxen Kirche (ROK) in Moskau. „Schon damals habe ich Kyrill als politischen Taktiker erlebt, der, nach meinem Eindruck, den schon recht alten Patriarchen Alexij II. steuerte“, erinnerte sich Dr. Slenczka. Kyrill habe damals auch das „Christliche interkonfessionelle konsultative Komitee“ organisiert, dem verschiedene christliche Konfessionen angehörten. Hier habe sich im Grunde sowjetischer Konferenzstil gezeigt. „Die Kirche muss Positionen des Staates vertreten“, verdeutlichte der Referent diesen Stil. Dazu seien insbesondere Friedenskonferenzen benutzt worden. Kyrill habe diesen Stil nie abgelegt, sondern sich seiner bedient, um die Russisch-Orthodoxe Kirche zu einer Art Staatskirche zu machen. Durch Einflussnahme auf die Gesetzgebung habe die ROK andere Kirchen benachteiligt und sich selbst eine Sonderstellung gesichert.

Der orthodoxen Kirche habe sich Putin zunächst nur langsam angenähert. 2009 habe er wurde Kyrill zum Patriarchen inthronisiert. „Damit begann die unselige Partnerschaft zwischen Patriarchen und Präsidenten“, stellte der Referent fest. Beide entstammten, wie in Medien berichtet wird, der Kaderschmiede des KGB, beide passten in ihren totalitären Auffassungen zusammen. Kirche und Staat seien ab hier eng vereint gelaufen. „Ein totalitärer Staat benutzt eine totalitäre Kirche“.

Dr. Slenczka erinnerte an die Möglichkeit des Patriarchen, sich aufgrund seiner Position und seiner internationalen Bekanntheit, für den Frieden einzusetzen. Stattdessen bete er um den Sieg Russlands, um die Rettung vor den Feinden, die angegriffen hätten. Er bete mit keinem Wort für die Ukraine. Den Grund für die „militärische Spezialoperation“ sehe er im Westen und in der Nato. Diametral dazu habe es zu Kriegsbeginn einen namentlich unterzeichneten Aufruf von 300 Priestern und Diakonen der Russisch-Orthodoxen Kirche zur Beendigung des Krieges gegeben. Einige der Unterzeichner seien suspendiert, andere gemaßregelt worden. Kein einziger Bischof habe den Brief unterschrieben. „Aber dennoch ist er ein Zeichen dafür, dass es zu Kriegsbeginn in der ROK den Appell und das Gebet um den Frieden gab“.

Abschließend machte der Referent auf ein abermaliges, anonym bleibendes, Zeichen aus der ROK heraus aufmerksam. Geistliche und Laien der Russischen Orthodoxen Kirche hätten einen Aufruf unter dem Titel „Christus und dem Evangelium treu bleiben“ verfasst. Die Autoren lehnen den Krieg ab und sprechen sich gegen die Gleichschaltung der Kirche mit dem Staat aus. Dr. Slenczka: „Diese Veröffentlichung ist eine Stimme aus der Tiefe, aus dem Untergrund der ROK“.

 

Bildunterschrift: Dekanin Dr. Nina Lubomierski überreichte dem Referenten ein Präsent.