Wenn die Kirche im Supermarkt abkassiert…

Ratschkasse
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Wenn eine Geistliche im lutherischen Collar-Hemd an der Kasse sitzt, ist das ungewöhnlich. Oder wie es eine Kundin urbayerisch ausdrückt: „Dös is doch ned de Kleidung vom Edeka, oder?“
Nein, es ist Landshuts evangelische Dekanin Dr. Lubomierski, die beim Edeka Huber in Kumhausen langsam und ungeübt die Waren scannt. Auf Schnelligkeit kommt es nicht an. Zusammen mit ihrer Kollegin, Pfarrerin Christiane von Hofacker, versucht Dr. Lubomierski mit der „Ratsch-Kasse“ eine neue Form von Pop-up-Kirche, für die das Landshuter Dekanat bereits seit Jahren bekannt ist.
Nicht warten, bis die Leute in die Kirche kommen, sondern unter die Leute gehen, als Kirche in Erscheinung treten, dort, wo der Alltag der Menschen ist.

Die erste Kundin an der „Ratsch-Kasse“, die mit „Kassiererin“ Dr. Lubomierski ins Gespräch kommt, vertraut ihr an: „Ich kaufe gerade für meine Mama ein, die mit dem Notarzt ins Achdorfer Krankenhaus eingeliefert wurde.“ Es entwickelt sich ein ungeahntes seelsorgerliches Gespräch, das mit einem Segenswort der Dekanin für die Frau und ihre Mutter endet.
Dr. Lubomierski ist schwer beeindruckt: „Das hat mich sehr berührt und ich hätte nicht gedacht, dass dieses Gespräch an einer öffentlichen Kasse möglich ist.“ Die Frau, die ihren Namen nicht öffentlich machen will, lobt die Initiative der evangelischen Kirche: „Mir geht es gerade sehr schlecht und für dieses spontane Gespräch bin ich dankbar, weil ich meine Sorgen teilen konnte.“
Pfarrerin Christiane von Hofacker begegnet beim Kassieren einer Frau, die aus der evangelischen Kirche ausgetreten ist. Während die Pfarrerin Obst und Gemüse wiegt, erzählt die Kundin, dass die Erlebnisse mit ihrem ehemaligen Pfarrer der Grund für den Austritt waren. „Und die Ratsch-Kasse gibt es auch schon längst. Da springt die Kirche wieder mal einer Idee hinterher“, kritisiert sie. Am Ende ist sie dann aber doch überrascht, wie aufmerksam die Pfarrerin zuhört und ihre Anliegen ernst nimmt.

Eine Mutter mit ihrem dreijährigen Sohn ist total begeistert von der „Ratsch-Kasse“, weil sie sich endlich einmal Zeit beim Bezahlen nehmen kann, während das Kind quengelt und Süßigkeiten will. „Solche Kassen, die sich bewusst Zeit nehmen, sollte es öfter geben. Ich bin der Kirche dankbar, dass dies hier beim Edeka heute möglich war.“
Auch Dekanin  Dr. Lubomierski und Pfarrerin Christiane von Hofacker freuen sich über das gelungene Projekt der „Ratsch-Kasse“. Im Alltag der Menschen über Gott und die Welt zu reden und sich auch in die Arbeitswelt der Supermarkt-Kassiererinnen und Kassierer einzufühlen, waren wichtige Erfahrungen für beide Geistliche: „An der Kasse stundenlang hochkonzentriert die Kunden zu bedienen, immer freundlich zu sein, das ist ganz harte Arbeit“, ist Pfarrerin von Hofacker beeindruckt.
Und Dekanin Dr. Lubomierski ergänzt: „Die Begegnungen an der Kasse waren für mich eine ganz neue Form der Seelsorge. Ich bin begeistert und bedanke mich ganz herzlich beim Edeka Huber für die Ermöglichung des Projektes!“
Nach dem erfolgreichen Auftakt in Kumhausen plant das Dekanat Landshut im Juli noch weitere „Ratsch-Kassen“ in Dingolfing, Reisbach und Vilsbiburg.

Auf dem Bild (von links): Dekanin Dr. Lubomierski, Pfarrerin Christiane von Hofacker und Andrea Huber vom Edeka Huber in Kumhausen.

 

Was Pfarrerin Christiane von Hofacker zur "Ratsch-Kasse" sagt:

 

Wenn man von einer Pfarrerin Geld an der Kasse bekommt...